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Figur eines Moriskentänzers

Fundort: Chemnitz (Chemnitz, Chemnitz Stadt)
Datierung: Mittelalter | Spätmittelalter | 1460 - 1510 n. Chr.
Material: Buntmetall
Fundgegenstand: Spielzeug, Figur

Objektbeschreibung:

Die Figur stellt einen Mann im knicksartigen Tanzschritt dar. Während sein Oberkörper leicht nach vorne gebeugt ist, sind linkes Stand- und rechtes Spielbein angewinkelt, etwas auseinander gespreizt und voneinander versetzt. Der linke Fuß setzt mit dem Ballen auf, der rechte ist nach hinten auf die Schuhspitze angehoben. Die vermutlich ausgestreckten Arme, offenbar getrennt gegossen und dann angefügt, sind verloren. Gekleidet ist der Tänzer in ein Wams, das vorne offen ein Hemd preisgibt, hinten gefältelt ist und dessen Schoß sein Hinterteil nicht ganz bedeckt, in eine Strumpfhose mit angedeuteter Schamkapsel sowie in Schnabelschuhen. Das gelockte und gewellte Haar trägt der Bartlose schulterlang. Die Figur führt den Moriskentanz aus. Auf der iberischen Halbinsel beheimatet (spanisch „Moriske“ für „kleiner Maure“), gelangte der Tanz durch zwangsgetaufte Muslime über den englischen Hof nach Europa und wurde ab Mitte des 15. Jahrhunderts dann auch in Deutschland zu festlichen Anlässen, Fastnachtsfeiern oder anderen geselligen Veranstaltungen aufgeführt. In einem Wettbewerb sollte der beste Tänzer dieses Spring-, nicht Schreittanzes von einer Dame gekürt werden. Als „Springer“ warb man eigens Schausteller aus dem fahrenden Volk an, die diesen Zeitvertreib durch bunte, mit Glöckchen behangene Kleider, Tücher, Turbane und Mützen prägten. Die Musikstücke dazu sind nicht überliefert.

Martina Wegner

Fundstelle

Fundstellen-Ort:

Chemnitz, Rathauspassagen | C-03

Fundstellen-Beschreibung:

Von August 1994 bis September 1995 fand im Norden der Altstadt, nordwestlich des Roten Turms, eine großflächige Rettungsgrabung statt. Die untersuchten, im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstörten Quartiere lagen größtenteils innerhalb der ehemaligen mittelalterlichen Stadtbefestigung und lieferten Einblicke in die urkundlich nicht belegten Anfänge der Stadt in der trockengelegten Chemnitzaue im 13. Jahrhundert sowie in die Entwicklung ihrer Bau- und Infrastruktur bis zur Gründerzeit.

Fundstellen-Typ:

Stadtkern

Befund

Befund-Beschreibung:

7183: Nutzungsschicht/Aufplanierung über einem Hofpflaster des endenden 15. oder des 16. Jahrhunderts.

Scanner:

Aicon smartSCAN-HE C5 125mm | Streifenlicht | 0,05mm

Literatur

Frauke Blaich/Lothar Herling, Nicht nur Mauern und Scherben – eine Stadt findet ihre Vergangenheit. Die Ausgrabung am Roten Turm in Chemnitz. Archäologie aktuell 3, 1995, 170–178 Abb. 7.
Johanna Müller-Meiningen, Die Moriskentänzer und andere Arbeiten des Erasmus Grasser für das Alte Rathaus in München (Regensburg 1998).
Frauke Fassbinder, Archäologische Untersuchungen zur Frühgeschichte der Stadt Chemnitz. Veröffentlichungen des Landesamtes für Archäologie mit Landesmuseum für Vorgeschichte 42 (Dresden 2006) 40–46.
Dagmara Adamska, Vom Moriskentanz im Schlesien des 15. Jahrhunderts. Ethnographisch-archäologische Zeitschrift 49,3, 2008, 297–307.

Eigentümer/Nutzungsrecht

Landesamt für Archäologie Sachsen, Ausstellung: smac | 360°
AAS:00058234

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Permalink

https://archaeo3d.de/sachsen/2020-11-12_tr_0003/

Zitat des Beitrags / Citation

Martina Wegner, Figur eines Moriskentänzers. In: Landesamt für Archäologie Sachsen, Website archaeo | 3D (05.07.2022). https://archaeo3d.de/sachsen/2020-11-12_tr_0003/

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