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Klappsonnenuhr

Fundort: Rodewisch (Rodewisch, Vogtlandkreis)
Datierung: Neuzeit | Frühe Neuzeit | 1540 - 1560 n. Chr.
Material: Holz
Fundgegenstand: allg. Fundklasse Sonstiges

Objektbeschreibung:

Eine kleine „Taschensonnenuhr“, die man aufklappen konnte. Die Grundplatte und der Deckel waren durch ein Scharnier aus Kupferdraht verbunden. In der Grundplatte ist eine Tiefe Schale. In der Schale war ein Kompass. Damit konnte man die Sonnenuhr nach Süden ausrichten. Um die Schale ist ein Ziffernblatt mit den Zahlen 5 – 12 – 7 zu sehen. Über den Ziffern sind Linien eingeritzt. Sie zeigen an, wie der Schatten zu diesen Uhrzeiten fallen muss.

Im Boden der Schale ist eine schwache Linie und am Rand der Schale ist eine kleine Kerbe. Sie befindet sich zwischen der 6 und der 7 auf dem Ziffernblatt. Sie hilft dabei, den Unterschied zwischen dem magnetischen und dem geografischen Nordpol auszugleichen.

Der Deckel konnte genau im rechten Winkel aufgeklappt werden. Im Deckel ist eine Vertiefung. Wofür sie war, ist unbekannt. Rund um die Vertiefung sind 12 Sterne zu sehen. Es ist möglich, dass sie ein Ziffernblatt darstellen. Zwischen der 6 auf der Grundplatte und den beiden obersten Sternen im Deckel war ein Faden eingespannt. Dieser Faden hat einen Schatten auf die Uhr geworfen. Damit konnte man die Zeit bestimmen.

Auf einer Taschensonnenuhr konnte man genau die Zeit ablesen. Sie ist sehr gut gearbeitet. Solche Uhren wurden in Nürnberg hergestellt. In Nürnberg gab es seit dem Ende des 15. Jahrhunderts die besten Hersteller solcher Uhren in Mitteleuropa.

Kleine „Taschensonnenuhr“ mit zwei durch ein Kupferdrahtscharnier verbundenen Elementen. Die Grundplatte besitzt eine tiefe Schale, in der ursprünglich ein Kompass angebracht war, mit der die Uhr nach Süden ausgerichtet werden konnte. Um die Vertiefung ist das Ziffernblatt mit der Stundenfolge 5-12-7 angeordnet. Die Ritzlinien über den Ziffern deuten die Schattenlinien zur jeweiligen Stunde an. Eine schwache Linie im Boden und eine kleine Kerbe am Schalenrand zwischen der „6“ und der „7“ dürften eine Missweisungsmarkierung darstellen, mit welcher die Abweichung zwischen magnetischem und geografischem Nordpol korrigiert werden konnte. Die exakt auf 90° aufzuklappende Deckplatte trägt eine runde Vertiefung unbekannten Inhalts und eine Art „Pseudoziffernblatt“ aus 12 Sternen. Der Polfaden für den linearen Schattenwurf war zwischen der „6“ der Grundplatte und den beiden obersten Sternen der Deckplatte gespannt. Eine Klappsonnenuhr ermöglicht eine genaue Zeitmessung, wenn das Messinstrument gleichermaßen exakt nach Süden und waagerecht zur Erdoberfläche ausgerichtet wird. Außerdem sollte die geographische Breite mit der Steilheit des Polfadens korrelieren. Dieser Zusammenhang ist für die vorliegende Sonnenuhr noch nicht geklärt, zumal die Füllung aus der Deckplattenvertiefung verloren ging. Die sehr professionelle Machart spricht für eine Herkunft aus Nürnberg, wo seit dem Ende des 15. Jahrhunderts die kundigsten Produzenten für solche Uhren in Mitteleuropa ansässig waren.

Florian Innerhofer/Cornelia Schuricht

Fundstelle

Fundstellen-Ort:

Burg Göltzsch | RO-01

Fundstellen-Beschreibung:

Wasserburg im Süden von Rodewisch am Ufer den Flusses Göltzsch.

Bei Arbeiten zur Umgestaltung der Burg fanden 1937 und 1938 Ausgrabungen statt. Dabei wurden Teile der vorherigen Gebäude entdeckt. Der alte Burggraben war zugeschüttet. Die Erde dort war sehr feucht. Deshalb sind dort viele Funde aus pflanzlichem Material erhalten. Wie diese Taschensonnenuhr aus Holz.

Wasserburg südlich von Rodewisch im Auenbereich der Göltzsch. Im Bereich der Kernburg und des 7 m breiten Wassergrabens wurden 1937–1939 Ausgrabungen durchgeführt. Dabei wurden besonders aus dem Graben mit sehr guten Erhaltungsbedingungen für organische Materialien große Mengen an Funden geborgen, die hauptsächlich aus der Zeit vom 15. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts stammen. Auch die frühere Bebauung mit Fachwerkgebäuden auf Bruchsteingrundmauern und Holzschindeldeckung konnte belegt werden.

Fundstellen-Typ:

Wasserburg

Befund

Befund-Beschreibung:

Die Taschensonnenuhr ist ein Einzelfund. Sie lag allein im Burggraben.

Lesefund aus dem Bereich des Burggrabens

Scanner:

Aicon smartSCAN-HE C8 75mm | Streifenlicht | 0,02mm

Literatur

Hans Nadler, Die Ausgrabung der Burg Göltzsch in Rodewisch. Photographie und Forschung. Die Contax-Photographie in der Wissenschaft 2, H. 8, 1938, 251.
Mareike Wöhler, Klappsonnenuhr. In: Harmut Kühne (Hrsg.), Alltag und Frömmigkeit am Vorabend der Reformation in Mitteldeutschland. Katalog zur Ausstellung „Umsonst ist der Tod“ (Petersberg 2013) 160.

Eigentümer/Nutzungsrecht

Landesamt für Archäologie Sachsen
AAS:00328667

Eine Wiedergabe ist mit dem Vermerk „© Landesamt für Archäologie Sachsen, Scan/3D-Modell: Thomas Reuter“ gestattet. Die Nutzung für kommerzielle Zwecke ist nicht gestattet.

Permalink

https://archaeo3d.de/sachsen/2020-06-08_tr_0004/

Zitat des Beitrags / Citation

Florian Innerhofer, Klappsonnenuhr. In: Landesamt für Archäologie Sachsen, Website archaeo | 3D (05.07.2022). https://archaeo3d.de/sachsen/2020-06-08_tr_0004/

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