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Tragbarer Ofen

Fundort: Rodewisch (Rodewisch, Vogtlandkreis)
Datierung: Mittelalter | Spätmittelalter | 1300 - 1450 n. Chr.
Material: Irdenware
Fundgegenstand: Feuerstätte, Ofen

Objektbeschreibung:

Ein tragbarer Ofen in Form einer Tonne. Er hat zwei Tragegriffe und einen flachen Boden. Der Ofen ist aus hellem Ton, der mit Sand vermengt wurde. Durch das Brennen hat der Ton eine rötlich beige Farbe bekommen.

Der obere Rand des Ofens ist nach Außen gebogen und wellig. Drei Linien außen um den Ofen herum teilen ihn von Unten nach Oben in vier Teile. Zwischen den Linien ist ein Wellenmuster.

Unten im Ofen ist die Aschekammer. Sie hat eine Öffnung. Durch die Öffnung wurde die Asche herausgenommen. Über der Aschekammer ist die Brennkammer. Zwischen den Kammern ist ein Boden mit vielen Löchern, eine sogenannte Lochtenne. Die Brennkammer hat auch eine Öffnung für das Brennmaterial. Direkt über der Lochtenne sind außen zwei Öffnungen für die Belüftung.

Durch die Lochtenne konnte genügend Luft an das Brennmaterial kommen. Dadurch konnte der Ofen mit Kohle geheizt werden.

Über der dritten Linie außen am Ofen sind weitere drei kleine Öffnungen für die Belüftung. Dadurch konnte auf den Ofen ein Gefäß gestellt werden und das Brennmaterial bekam trotzdem genügend Luft.

Am Ofen sind keine Spuren von Ruß. Das bedeutet, er wurde nicht benutzt.

Solche Öfen sind seit dem späten Mittelalter bekannt. In Schriften aus dem 16. Jahrhundert bis zum 18. Jahrhundert sind sie beschrieben und es gibt Bilder davon. Mit Hilfe dieser Öfen haben Apotheker zum Beispiel Flüssigkeiten destilliert oder Metalle geschmolzen.

In Rodewisch wurden Teile von mindestens drei Öfen gefunden.

Tonnenförmiger, tragbarer Ofen aus heller Irdenware mit zwei Tragegriffen und Standboden. Der Tischofen wurde auf einer Drehscheibe hergestellt und besteht aus sandgemagertem, hellem Ton mit durch oxidierenden Brand rötlich-beiger Farbe. Der Rand ist nach außen umgebogen und gewellt. Drei horizontal umlaufende Kerben mit dazwischen liegenden Wellenfurchen gliedern die äußere Erscheinung. Die unten geschlossene Aschekammer ist durch eine Lochtenne von der oben offenen Brennkammer getrennt. Beide Bereiche haben eine seitliche Beschickungsöffnung, die Brennkammer hat außerdem zwei weitere Belüftungsschlitze direkt oberhalb der Tenne. Die Lochtenne, die eine gleichmäßige Luftzufuhr gewährleistet, weist auf die Verwendung von Kohle statt Holz hin. Drei weitere Durchstiche im oberen Drittel der Wandung erlauben einen Luftzug, auch wenn ein Gefäß obenauf gestellt wurde. Öfen dieser Art sind seit dem Spätmittelalter belegt und in zahlreichen alchemistischen Schriften des 16. bis 18. Jahrhunderts abgebildet und dienten z. B. Apothekern zum Destillieren, Erhitzen von Sandbädern oder zum Schmelzen von Metallen mit niedrigem Schmelzpunkt. Es handelt sich dabei um die einfachste Art eines alchemischen Ofens, dessen Hitzezufuhr nicht steuerbar ist. Vergleichsfunde fanden sich am Leipziger Augustusplatz oder auf der Burg Thann bei Nürnberg. Der Ofen weist keine Rußspuren auf, die eine Nutzung belegen würden. Aus Rodewisch liegen Fragmente von mindestens drei weiteren Tischöfen vor.

Mareike Wichmann/Cornelia Schuricht

Fundstelle

Fundstellen-Ort:

Burg Göltzsch | RO-01

Fundstellen-Beschreibung:

Die Fundstelle befindet sich in einer Wasserburg südlich von Rodewisch. Sie liegt in einem flachen Gebiet am Ufer des Flusses Göltzsch. Um die Burg herum war ein breiter Wassergraben. Der Wassergraben war sieben Meter breit. Er diente dem Schutz der Burg.

In den Mauerresten der Burg wurden von 1937 bis 1939 Ausgrabungen durchgeführt. Dabei wurden vor allem im Wassergraben viele Gegenstände gefunden. Sie stammen vor allem aus dem 15. Jahrhundert bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts.

Wasserburg südlich von Rodewisch im Auenbereich der Göltzsch. Im Bereich der Kernburg und des 7 m breiten Wassergrabens wurden 1937–1939 Ausgrabungen durchgeführt. Dabei wurden besonders aus dem Graben mit sehr guten Erhaltungsbedingungen für organische Materialien große Mengen an Funden geborgen, die hauptsächlich aus der Zeit vom 15. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts stammen. Auch die frühere Bebauung mit Fachwerkgebäuden auf Bruchsteingrundmauern und Holzschindeldeckung konnte belegt werden.

Fundstellen-Typ:

Wasserburg

Befund

Befund-Beschreibung:

Der tragbare Ofen ist ein Streufund. Das bedeutet: der Ofen lag einzeln im Wassergraben. Aus diesem Grund kann nicht genau festgestellt werden, wie alt er ist.

Nicht stratifizierter Streufund.

Scanner:

Hexagon StereoScan neo 350mm | Streifenlicht | 0,09mm

Literatur

Hieronymus Brunschwig, Liber de arte Distillandi de Compositis (Straßburg 1512) 104 f. 316 f. 534 f.
Martina Bundszus, Renaissancezeitliche Keramik von der Wasserburg Göltzsch. In: R. Smolnik (Hrsg.), Keramik in Mitteldeutschland – Stand der Forschung und Perspektiven. Veröff. Landesamt Arch. 57 (Dresden 2008) 253-255.
Alexandra van Gorkom, Der mittelalterliche Destillierofen und die Ofenkeramik der Burg Thann. In: B. Friedel/C. Frieser (Hrsg.), Nürnberg – Archäologie und Kulturgeschichte (Büchenbach 1999) 279.
Antoine Laurent Lavoisier, Traité élémentaire de chimie tome 2 (Paris 1789) 538 f. Taf. III; XIII.
Hans Nadler, Denkmalpflegerische Arbeiten an der frühmittelalterlichen Wehranlage Göltsch in Rodewisch. Építés-és Közlekedéstudományi Közlemények 10, 1966, 82 f.
Sigrid von Osten, Das Alchemistenlaboratorium von Oberstockstall. In: Alchemie und Wissenschaft des 16. Jahrhunderts: Fallstudien aus Wittenberg und vergleichbare Befunde (Halle/Saale 2016) 337–346.

Eigentümer/Nutzungsrecht

Landesamt für Archäologie Sachsen
AAS:00321667

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Permalink

https://archaeo3d.de/sachsen/2023-02-21_tr_0002/

Zitat des Beitrags / Citation

Mareike Wichmann, Tragbarer Ofen. In: Landesamt für Archäologie Sachsen, Website archaeo | 3D (28.02.2023). https://archaeo3d.de/sachsen/2023-02-21_tr_0002/

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