Destillierhelm
Fundort: | Rodewisch (Rodewisch, Vogtlandkreis) |
---|---|
Datierung: | Neuzeit | Frühe Neuzeit | 1500 - 1530 n. Chr. |
Material: | Steinzeug |
Fundgegenstand: | allg. Fundklasse Werkzeug/Gerät |
Objektbeschreibung:
Ein Topf in der Form einer Glocke. Der Topf ist aus Keramik aus dem Westen von Sachsen. Die Keramik ist aus grauem Ton. Außen ist der Topf mit einer braunen Glasur aus Salz überzogen. Die Glasur ist unregelmäßig.
Der Destillierhelm, der auch Alembik genannt wird, hat auf der Oberfläche deutlich sichtbare Rillen. Sie stammen von der Herstellung.
Oben auf dem Topf ist ein flacher kegelförmiger Griff. Er hat einen Durchmesser von ungefähr 5,3 cm. Der Griff wurde extra hergestellt und danach am Topf befestigt.
Unten biegt sich der Topf ungefähr 3,5 cm nach Innen. Dadurch entsteht eine Rille. In der Rille wird die destillierte Flüssigkeit aufgefangen. Ein runder Abfluss am Rand des Destillierhelms leitet die Flüssigkeit in einen Behälter, der unter den Abfluss gestellt wird.
Destillierhelme aus Keramik kommen oft in den Ausstattungen von Laboren im Mittelalter und in der frühen Neuzeit vor. Die Destillierhelme waren aber oft aus Glas oder Kupfer.
In Rodewisch sind mindestens drei Destillierhelme aus Keramik erhalten. Sie wurden auf der Burg Göltzsch gefunden. Die Destillierhelme gehören wahrscheinlich zur Laborausstattung einer Apotheke.
Ein Destillierhelm aus Keramik wurde auch in einer Toilette mit Sickergrube in der Hainstraße 8 in Leipzig gefunden.
Glockenförmiger Destillierhelm aus westsächsischem Steinzeug mit kieselgrauem Scherben und außenseitig unregelmäßiger brauner Salzglasur. Der Destillierhelm, auch Alembik, besitzt deutliche Drehriefen. Obenauf sitzt ein flachkonischer, gesondert gearbeiteter und später angarnierter Knauf mit einem Durchmesser von ca. 5,3 cm. Der Rand biegt sich ca. 3,5 cm nach innen, sodass eine Rinne entsteht, die das Destillat auffängt. Eine angefügte, tiefsitzende Tülle leitet das Destillat von der Rinne in einen separaten Auffangbehälter. Ein ebensolcher glockenförmiger Destillierhelm ist aus einer Latrine in der Leipziger Hainstraße 8 bekannt. Keramische Destillierhelme kommen zahlreich in Laborausstattungen des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit vor, meist waren sie aber aus Glas und auch Exemplare aus Kupfer oder anderen Metallen sind bekannt. Aus Rodewisch sind mindestens drei Exemplare von Destillierhelmen erhalten, sie gehören wie der Tiegel und der Tischofen zu der auf Burg Göltzsch gefundenen Destillier- oder Laborausstattung eines mutmaßlichen Apothekers.
Mareike WichmannFundstelle
Fundstellen-Ort:
Burg Göltzsch | RO-01
Fundstellen-Beschreibung:
Die Fundstelle befindet sich in einer Wasserburg südlich von Rodewisch. Sie liegt in einem flachen Gebiet am Ufer des Flusses Göltzsch. Um die Burg herum war ein breiter Wassergraben. Der Wassergraben war sieben Meter breit. Er diente dem Schutz der Burg.
In den Mauerresten der Burg wurden von 1937 bis 1939 Ausgrabungen durchgeführt. Dabei wurden vor allem im Wassergraben viele Gegenstände gefunden. Sie stammen vor allem aus dem 15. Jahrhundert bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts.
Wasserburg südlich von Rodewisch im Auenbereich der Göltzsch. Im Bereich der Kernburg und des 7 m breiten Wassergrabens wurden 1937–1939 Ausgrabungen durchgeführt. Dabei wurden besonders aus dem Graben mit sehr guten Erhaltungsbedingungen für organische Materialien große Mengen an Funden geborgen, die hauptsächlich aus der Zeit vom 15. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts stammen. Auch die frühere Bebauung mit Fachwerkgebäuden auf Bruchsteingrundmauern und Holzschindeldeckung konnte belegt werden.
Fundstellen-Typ:
Wasserburg
Befund
Befund-Beschreibung:
Der Destillierhelm ist ein Streufund. Das bedeutet: der Helm lag einzeln im Wassergraben. Aus diesem Grund kann nicht genau festgestellt werden, wie alt er ist.
Nicht stratifizierter Streufund.
Scanner:
Hexagon StereoScan neo 350mm | Streifenlicht | 0,09mm
Literatur
Martina Bundszus, Renaissancezeitliche Keramik von der Wasserburg Göltzsch. In: Regina Smolnik (Hrsg.), Keramik in Mitteldeutschland – Stand der Forschung und Perspektiven. Veröffentlichungen des Landesamtes für Archäologie 57 (Dresden 2008) 251.
Rainer Hofmann, Ritter, Burgen und Dörfer – mittelalterliches Leben in Stadt und Land (Tüchersfeld 1997) 111.
Ralf Kluttig-Altmann, Von der Drehscheibe bis zum Scherbenhaufen. Leipziger Keramik des 14. bis 18. Jahrhunderts im Spannungsfeld von Herstellung, Gebrauch und Entsorgung. Veröffentlichungen des Landesamtes für Archäologie mit Landesmuseum für Vorgeschichte 47 (Dresden 2006) 314–316.
Peter Kurzmann, Die Destillation im Mittelalter. Archäologische Funde und Alchemie. Lehr- und Arbeitsmaterialien zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 2 (Tübingen 2000) 38; 61 f.
Hans Nadler, Die Ausgrabung der Burg Göltzsch in Rodewisch. Photographie und Forschung. Die Contax-Photographie in der Wissenschaft 2, H. 8, 1938, 242–254.
Eigentümer/Nutzungsrecht
Landesamt für Archäologie Sachsen
AAS:00321538
Eine Wiedergabe ist mit dem Vermerk „© Landesamt für Archäologie Sachsen, Scan/3D-Modell: Thomas Reuter“ gestattet. Die Nutzung für kommerzielle Zwecke ist nicht gestattet.
Permalink
https://archaeo3d.de/sachsen/2023-02-28_tr_0001/
Zitat des Beitrags / Citation
Mareike Wichmann, Destillierhelm. In: Landesamt für Archäologie Sachsen, Website archaeo | 3D (28.02.2023). https://archaeo3d.de/sachsen/2023-02-28_tr_0001/