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Kopf- oder Kissennischenstein

Fundort: Plauen (Plauen, Vogtlandkreis)
Datierung: Mittelalter | Spätmittelalter | 1340 - 1370 n. Chr.
Material: Felsgestein
Fundgegenstand: Grabstein

Objektbeschreibung:

Ein breiter Grabstein aus Felsstein. Der Stein hat zwei Vertiefungen. Sie liegen nebeneinander und sind durch eine schmale Erhebung getrennt. Die Vertiefungen haben die Form eines Hufeisens.

In der Mitte jeder Vertiefung befindet sich ein Prankenkreuz. Ein Prankenkreuz ist ein Kreuz mit gleich langen Armen. Am Ende verbreitern sich die Arme schräg nach außen.

An der Vorderseite des Steins und an den Seiten der Vertiefungen sind Inschriften in den Stein gemeißelt. Die Inschriften sind in Gotischen Majuskeln geschrieben. Als Majuskeln werden die Buchstaben mit einer speziellen Form bezeichnet.

An den Seiten der linken Vertiefung steht: HEINR(ICVS) FILI(VS)LONG/I ADVICATI, auf Deutsch: „Heinrich, Sohn des langen Vogtes“.

An den Seiten der rechten Vertiefung steht: AGNES COMETISSA / DE SWARZBVRG, auf Deutsch: „Agnes, Gräfin von Schwarzburg“.

Auf der Vorderseite des Steins steht die Inschrift: REQUIESCANT / IN P /A(CE) – „Sie mögen in Frieden ruhen“.

Mit „Heinrich, Sohn des langen Vogtes“ ist vielleicht ein Sohn von Heinrich III von Plauen gemeint. Er wurde auch „der Lange“ genannt. Heinrich III wurde wahrscheinlich 1284 geboren und ist 1347 oder 1348 gestorben. Sein Sohn Heinrich ist ungefähr zur gleichen Zeit gestorben.

Leider geben bis heute erhaltene Urkunden keine Informationen darüber, wer und wann genau Vogt von Plauen war. Wir wissen auch kaum etwas über die Familien der Vögte. Die Inschriften auf dem Grabstein geben auch keine genauen Informationen.

Breiter Stein mit zwei nebeneinanderliegenden, hufeisenförmigen Vertiefungen, die durch einen schmalen Grat getrennt sind. Im Zentrum der Nischen befindet sich jeweils ein griechisches Prankenkreuz; die Flanken der Vertiefungen sowie die Stirnseite sind mit eingeschlagenen Gotischen Majuskeln beschriftet. REQVIESCANT / IN P/A(CE) bezeichnet oberhalb der Nischen den verbindendenden Segenswusch „Sie mögen in Frieden ruhen“. In der linken Vertiefung steht HEINR(ICVS) FILI(VS) LONG/I ADVOCATI, in der rechten AGNES COMETISSA / DE SWARZBVRG. Mit „Heinrich, Sohn des langen Vogtes“ ist möglicherweise ein Sohn Heinrichs III. „des Langen“ von Plauen (* um 1284, † um 1347/1348) gemeint, der etwa zur gleichen Zeit wie sein Vater verstorben ist und mit Agnes von Schlüsselberg verheiratet war, aber wohl nicht mit einer „Agnes, Gräfin von Schwarzburg“. Allerdings gibt es bei derzeitiger Urkundenlage eine Reihe von Unstimmigkeiten der möglichen Zuordnungen der Vögte von Plauen, ihrer Nachfahren und ihrer Gemahlinnen, die sich auch durch die paläografische Analyse der Inschriften nicht auflösen lassen.

Florian Innerhofer/Cornelia Schuricht

Fundstelle

Fundstellen-Ort:

Johanniskirche, Kapelle der Vögte

Fundstellen-Beschreibung:

Der Archäologe Gerhard Billig hat den Grabstein 1952/53 in einer Gruft unter dem Fußboden einer Kapelle gefunden. Diese Kapelle war an den Altarraum der Kirche St. Johannis in Plauen im Vogtland außen angebaut. n Eine Kapelle ist ein kleiner Raum für Gebete, Gottesdienste oder Andachten. In dieser Kapelle waren die Vögte von Plauen und Mitglieder der Familien begraben. In einer Urkunde von 1322 wurde die Kapelle das erste Mal erwähnt.

Unterhalb des Fußbodens der nordöstlich der Vierung von St. Johannis außen am Chor angebauten kleinen Kapelle der Vögte, die erstmals 1322 Erwähnung fand, wurde 1952/1953 durch Gerhard Billig eine Gruft mit Mehrfachbestattung freigelegt.

Fundstellen-Typ:

Kirche

Befund

Befund-Beschreibung:

Die Gruft wurde wahrscheinlich im 14. Jahrhundert nachträglich in die Kapelle eingebaut. In der Gruft waren mehrere Särge und der Grabstein. Ein Teil der Särge war zerstört. Auf dem Grabstein hat der Schädel von einem Skelett gelegen.

Die vermutlich Mitte des 14. Jahrhunderts in die Kapelle nachträglich eingebaute Gruft enthielt eine stark gestörte Mehrfachbestattung. Der Schädel eines Skeletts lag auf einem breiten Stein mit zwei ausgesparten, beschrifteten Nischen.

Scanner:

Artec EVA | Handscanner | 0,60mm

Literatur

Walter Bachmann, Das alte Plauen. Ein Beitrag zur Inventarisation der Bau- und Kunstdenkmale (Dresden 1954) 77 f.
Jörg Wicke, Burg und Schloss der Vögte zu Plauen. Archäologische Befunde eines zentralen Herrschaftssitzes im regionalhistorischen Kontext. Veröffentlichung des Landesamtes für Archäologie Sachsen 79 (Dresden 2023) 28 f. sowie 372–374 (Beitrag Cornelia Neustadt).

Eigentümer/Nutzungsrecht

Vogtlandmuseum Plauen

Eine Wiedergabe ist mit dem Vermerk „© Landesamt für Archäologie Sachsen, Scan/3D-Modell: Thomas Reuter“ gestattet. Die Nutzung für kommerzielle Zwecke ist nicht gestattet.

Permalink

https://archaeo3d.de/sachsen/2023-05-30_tr_0003/

Zitat des Beitrags / Citation

Florian Innerhofer, Kopf- oder Kissennischenstein. In: Landesamt für Archäologie Sachsen, Website archaeo | 3D (30.05.2023). https://archaeo3d.de/sachsen/2023-05-30_tr_0003/

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