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Analoger Datenträger aus Metall

Fundort: Graßdorf (Taucha, Nordsachsen)
Datierung: Neuzeit | Moderne | 1942
Material: Metall
Fundgegenstand: allg. Fundklasse Sonstiges

Objektbeschreibung:

In das Zinkplättchen sind Angaben über die Ukrainerin Nadja Karpluk eingeprägt. Karpluk musste während des Zweiten Weltkrieges von Juli 1942 bis Dezember 1943 als Hilfs-Automatendreherin bei den Mitteldeutschen Motorenwerken (MMW) Zwangsarbeit leisten. Bei den 1935 gegründeten MMW wurden ausschließlich Flugzeugmotoren für die Luftwaffe der Wehrmacht gefertigt. Wie in fast allen Betrieben kamen zur NS-Zeit ab 1940 auch dort Zwangsarbeitende zum Einsatz – vornehmlich Zivile aus 17 verschiedenen Ländern, aber auch Kriegsgefangene aus der Sowjetunion und Frankreich sowie italienische Militärinternierte. 1942 waren bei den MMW fast 4000 ausländische Menschen beschäftigt. Bei der letzten Belegschaftszählung im September 1944 waren fast die Hälfte der Angestellten Zwangsverpflichtete. Sie waren in über zehn Lagern rund um das Betriebsgelände untergebracht und vielfach körperlicher und seelischer Gewalt ausgesetzt. Jede angestellte Person erhielt einen solchen Datenträger. Sie kamen in der Verwaltung zum Einsatz, um die dortigen Vorgänge effizienter zu dokumentieren: Die Angaben sind so eingeprägt, dass sie sich auf der Rückseite erhaben im Negativ abzeichnen und so als Druckplatten verwendet werden können. Dabei sind vermerkt: Name, Vorname, Nationalität, Personalnummer, Berufsbezeichnung, Stundenlohn, Geburts- und Einstellungsdatum, Angaben zur Sozialversicherung und tarifliche Angaben, Familienstand, Anzahl der Kinder, Adresse oder Angaben zu Herkunft, Aufenthaltsort und Lager.

Friederike Höntsch

Fundstelle

Fundstellen-Ort:

Ratsholz, Am Veitsberg | GFD-16

Fundstellen-Beschreibung:

Ehemaliges Gelände der Mitteldeutschen Motorenwerke (MMW) im Ratsholz nordwestlich von Taucha, auf dem vor 2021 die 123 Datenträger ohne Angabe der exakten Fundstelle und der Fundumstände von einem anonymen Finder geborgen und an die Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig zur Begutachtung übergeben wurden.

Fundstellen-Typ:

Produktionsstätten/Sonstiges

Befund

Befund-Beschreibung:

Die Fundumstände und die Art der Bergung sind unbekannt.

Scanner:

Hexagon StereoScan neo 200mm | Streifenlicht | 0,04mm

Literatur

Peter Bessel/Peter Kohl, Auto Union und Junkers. Die Geschichte der Mitteldeutschen Motorenwerke GmbH Taucha 1935 bis 1948 (Stuttgart 2003).
Patrick Brion, Das Adrema System der „REIMAHG“ (Kahla 2021).
International Tracing Service (ITS): Schicksale auf Blech.
Thomas Kersting, Zwangsverwaltet. Die Adrema-Kartei vom Lager Sebaldushof bei Treuenbrietzen in Brandenburg, 2015.
Ders., Das Zwangsarbeitslager bei der Munitionsfabrik Sebaldushof bei Treuenbrietzen. In: Juliane Haubold-Stolle u. a. (Hrsg.), Ausgeschlossen. Archäologie der NS-Zwangslager (Berlin 2020) 142; 217–218.
Wilhem Küsgen, Handwörterbuch des Postwesens (Berlin 1927).
Mark Spoerer, Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz. Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge im Deutschen Reich und im besetzten Europa 1939–1945 (Stuttgart, München 2001).

Eigentümer/Nutzungsrecht

Landesamt für Achäologie Sachsen
AAS:00387256

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Permalink

https://archaeo3d.de/sachsen/2025-01-21_tr_0005/

Zitat des Beitrags / Citation

Friederike Höntsch, Analoger Datenträger aus Metall. In: Landesamt für Archäologie Sachsen, Website archaeo | 3D (19.06.2025). https://archaeo3d.de/sachsen/2025-01-21_tr_0005/

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