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Modelgeformte Reliefkachel

Fundort: Dresden Altstadt I (Dresden, Dresden Stadt)
Datierung: Neuzeit | Frühe Neuzeit | 1550 n. Chr.
Material: Irdenware
Fundgegenstand: Relief-Kachel

Objektbeschreibung:

Eine Ofenkachel aus Irdenware. Für die Herstellung dieser Kachel wurde eine Form benutzt.

Diese Kachel diente der Verzierung, wahrscheinlich eines Ofens. Sie wurde für eine Ecke angefertigt. Die Kachel ist mit einer gelb-braunen Glasur überzogen. Auf der Rückseite ist die Keramik an den Seiten verlängert und bildet einen Rahmen. So konnte die Kachel sicher befestigt werden. Der Rahmen ist zum Teil abgebrochen.

Auf der Vorderseite der Kachel ist ein Teil der Geschichte von Joseph aus dem Alten Testament zu sehen. Joseph wurde von seinen Brüdern als Sklave verkauft und kommt nach Ägypten. Dort wohnt er im Haus des Beamten Potifar. Dann beschuldigt ihn die Frau von Potifar der Vergewaltigung. Joseph kommt ins Gefängnis. Mit Gottes Hilfe wird er als Traumdeuter bekannt. Er deutet auch den Traum des Pharaos – sieben Jahre Reichtum und sieben Jahre Hunger für das Land. Der Pharao macht Joseph zum Vizekönig. Joseph bleibt 14 Jahre in Ägyptern. Er versöhnt sich auch mit seinen Brüdern.

Das Relief auf der Kachel zeigt, wie Joseph den Traum des Pharaos deutet. Zu sehen sind der Pharao in gelber Kleidung, Joseph und eine Frau. Joseph zeigt mit der rechten Hand zu einem Fenster. Der Rand der Kachel ist abgebrochen.

Unter dem Relief ist eine Reihe aus Akanthusblättern zu sehen.

Es gibt noch weitere Teile der Geschichte des Joseph auf Ofenkacheln.

Ähnliche Darstellungen der Geschichte des Joseph sind durch Funde aus Dänemark und Österreich bekannt.

Die über Eck angelegte Gesimskachel besteht aus gelblich beiger Irdenware, hat Zargen auf der Rückseite und ist bunt glasiert. Auf ihrer Vorderseite ist ein Ausschnitt aus der alttestamentlichen Geschichte von Josef zu sehen. Nachdem er von seinen Brüdern an Sklavenhändler verkauft worden und so nach Ägypten gelangt ist, dient er im Haus des hohen Beamten Potifar, bis er von dessen Frau der Vergewaltigung bezichtigt wird und im Gefängnis landet. Mit Gottes Hilfe erhält er jedoch als Traumdeuter die Gunst des Pharaos und steigt zum Vizekönig auf. Er führt durch je sieben Jahre Überfluss und Hungersnot und versöhnt sich letztendlich mit seinen Brüdern. Auf der erhaltenen schmalen Schauseite schildert der Pharao – mit Kopfbedeckung und hinter ihm eine weibliche Gestalt – seine Träume Josef (1. Mose 41,14–36). Dieser weist nach links auf die Gestirne in einem Rundbogenfenster. Der linke Randbereich ist weggebrochen. Zudem wurde das ursprüngliche Motiv, das
auf seiner linken Hälfte den zweiten Teil des Koppelfensters und weitere Personen abbildet, für das Eckkachelformat beschnitten. Den unteren Gesimsabschluss bildet ein hervorspringender Akanthusblattfries. Es gibt weitere auf Ofenkeramik vertretene Handlungsstränge der Josefsgeschichte, die zwischen Dänemark und Österreich aus archäologischen Zusammenhängen und aus Museumsbeständen bekannt sind. Als Vorlagen für die Kachelreliefs kommen Druckgrafiken aus den 1540er-Jahren in Betracht.

Martina Wegner/Cornelia Schuricht

Fundstelle

Fundstellen-Ort:

Ferdinandplatz | DD-245

Fundstellen-Beschreibung:

In den Jahren 2020/2021 fand gegenüber dem Rathaus Dresden auf dem Ferdinandsplatz eine Rettungsgrabung statt. Hier entsteht auf einer Fläche von 6300 qm ein Verwaltungszentrum.

Die Fläche liegt am nordöstlichen Rand der Seevorstadt in Dresden. In diesem Gebiet lebten seit dem späten Mittelalter (etwa ab 1300 bis 1500) Menschen. Das Gebiet ist seit dem späten 19. Jahrhundert dicht bebaut.

Im Zweiten Weltkrieg wurden alle Häuser zerstört.

In den Jahren 2020/2021 fand gegenüber dem Dresdner Rathaus auf der Freifläche „Ferdinandplatz“, wo ein Verwaltungszentrum entstehen soll, eine Rettungsgrabung auf rund 6300 qm statt. Die Ursprünge des Siedlungsquartiers am nordöstlichen Rand der Seevorstadt reichen bis in das Spätmittelalter zurück. Im Zweiten Weltkrieg wurde die ehemals dichte Bebauung zerstört.

Fundstellen-Typ:

Vorstadtsiedlung

Befund

Befund-Beschreibung:

Unter einer Straße, die im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war, lag ein Brunnen. Vor der Zerstörung war das die Adresse Bankstraße 5.

Der Brunnen war rund und hatte eine Öffnung mit einem Durchmesser von 80 cm. Die Wand des Brunnens bestand aus grob bearbeiteten Sandsteinblöcken und Blöcken aus Kalkstein. Die Blöcke waren mit Lehm gemauert. Der Brunnen war mit Bauschutt gefüllt. Im Bauschutt wurden Scherben von reich und kunstvoll verzierter Irdenware, Steinzeug und Ofenkacheln mit einer schwarz-braunen Glasur gefunden.

Befund 1381: Im einstigen Straßenkörperbereich, auf Höhe der bis 1945 existierenden Bankstraße 5, wurde ein kreisrunder Brunnen entdeckt. Der äußere Durchmesser betrug rund 1,60 m, die Öffnung gut 80 cm. Er bestand aus grob behauenen, teilweise trapezförmigen, in Lehm und gleichmäßigen Lagen gesetzten Sandsteinquadern und Pläner. Aus seiner bauschuttreichen Verfüllung stammen zerscherbte, frühneuzeitliche Funde, darunter Irdenware mit Malhorndekor sowie Steinzeug und schwarzbraun glasierte Ofenkacheln.

Fundzusammenhang:

Wahrscheinlich stammen diese Kachel und die modelgeformte Reliefkachel (2022-05-19_tr_0002) von demselben Ofen.

Vermutlich Reste eines identischen Kachelofens.

Scanner:

Aicon smartSCAN-HE C5 400mm | Streifenlicht | 0,21mm

Literatur

Martina Wegner, Vom Sklaven zum König. Interessante Kachelfunde aus Dresden. Archæo 19, 2022, 22–23.

Eigentümer/Nutzungsrecht

Landesamt für Archäologie Sachsen
AAS:00347675

Eine Wiedergabe ist mit dem Vermerk „© Landesamt für Archäologie Sachsen, Scan/3D-Modell: Thomas Reuter“ gestattet. Die Nutzung für kommerzielle Zwecke ist nicht gestattet.

Permalink

https://archaeo3d.de/sachsen/2022-05-19_tr_0002/

Zitat des Beitrags / Citation

Martina Wegner, Modelgeformte Reliefkachel. In: Landesamt für Archäologie Sachsen, Website archaeo | 3D (14.04.2023). https://archaeo3d.de/sachsen/2022-05-19_tr_0002/


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