Klinge mit geschlitztem Blatt
Fundort: | Kyhna (Wiedemar, Nordsachsen) |
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Datierung: | Bronzezeit | ältere Aunjetitzer Kultur | 2100 - 1900 v. Chr. |
Material: | Kupfer |
Fundgegenstand: | Lanze/Speer, Lanzenspitze |
Objektbeschreibung:
Eine längliche, schmale Klinge. Die Spitze ist gerundet. Die Klinge gehörte zu einem Speer oder einer Lanze. Das andere Ende der Klinge ist so geformt, dass es an einem langen Stab – dem Schaft – befestigt werden kann.
Im unteren Teil der Lanze sind zwei Schlitze. Die Schlitze liegen parallel zueinander. Diese Schlitze wurden mit einem scharfen Meißel durch die Klinge geschlagen. Der dabei auf der Rückseite entstandene Grat wurde gesäubert. Danach wurden die Schlitze mit dem Meißel noch etwas erweitert.
Die Oberfläche der Klinge zeigt, dass sie kalt geschmiedet wurde. Sie wurde also nicht, wie beim Schmieden üblich, erhitzt. Das Kaltschmieden hat dazu geführt, dass an der Oberfläche an einigen Stellen Risse entstanden sind.
Solche Klingen wurden vor allem im Gebiet des östlichen Mittelmeeres hergestellt. Sie sind dann durch Handel in andere Gebiete Europas gekommen.
Die Untersuchung des Metalls der Klinge zeigt aber, dass sie nicht aus dem Gebiet des östlichen Mittelmeeres stammt. Die Klinge ist aus Kupfer. Dieses Kupfer stammt aus den Alpen.
Die Klinge wurde also viel weiter nördlich nach Vorbildern aus dem Gebiet des östlichen Mittelmeeres hergestellt. In der Bronzezeit gab es vielfältige Handelsbeziehungen zwischen dem Mittelmeerraum und dem heutigen Mitteldeutschland. Das zeigen die Funde in Mitteldeutschland. Dabei wurden nicht nur Waren, sondern auch Ideen ausgetauscht.
Lanzettförmige Klinge mit eingezogenem Ende und gerundeter Spitze. Das Blatt zeigt im unteren Drittel zwei parallele Schlitze und hat einen linsenförmigen Querschnitt. Diese Durchbrechungen liegen in zwei flachen, elliptischen Vertiefungen und wurden mit einem scharfen, keilförmigen Meißel durch die Klinge geschlagen. Anschließend wurden die Schlitze auf der Rückseite versäubert und mit demselben Gerät ebenfalls etwas aufgeweitet. Das Stück zeigt sowohl auf der Oberfläche als auch im metallischen Gefüge deutliche Spuren von Kaltschmieden, was an einigen Stellen zur Rissbildung führte. Als überzeugendste Vergleichsobjekte können geschlitzte Lanzenspitzen aus dem östlichen Mittelmeergebiet, insbesondere der Ägäis, angeführt werden, Parallelen im europäischen Umfeld fehlen ausnahmslos. Die Metallanalysen zeigen jedoch, dass hier kein Importfund vorliegt, da sich der Werkstoff wie auch bei den anderen Gegenständen aus dem Depot am besten mit frühbronzezeitlichem Fahlerzkupfer aus den Alpen in Verbindung bringen lässt. Aus Feuerstein gearbeitete nordische Fischschwanzdolche als Vorbilder sollten wegen der fehlenden Schlitze als Schäftungshilfen nicht herangezogen werden, zumal ein Ideentransfer aus ostmediterranen Hochkulturen durch die etwas jüngere Himmelsscheibe von Nebra für die mitteldeutsche Aunjetitzer Kultur mehrfach belegt ist. In der etwas plumpen Form der Kyhnaer Klinge scheinen fremde Lanzenspitzen und einheimische Glockenbecherdolche als Einzelstück hybrid vereint.
Florian InnerhoferFundstelle
Fundstellen-Ort:
Nordnordwestlich der Kirche
Fundstellen-Beschreibung:
Die Klinge wurde 1979 beim Bau einer Wasserleitung am nördlichen Rand des Ortes Groß-Kyhna gefunden. Die Fundstelle liegt in einem schmalen flachen Gebiet am Ufer des Gienickenbaches.
Im Mai 1979 bei Ausschachtungsarbeiten für eine Wasserleitung an einem Wohnhaus am nördlichen Ortsrand von Groß-Kyhna zutage gefördert. Die Fundstelle liegt am östlichen Rand der schmalen Aue des Gienickenbaches.
Fundstellen-Typ:
Depotfund
Befund
Befund-Beschreibung:
Die Klinge gehört zu einem sogenannten Depotfund. Ein Depot ist eine Ansammlung von Gegenständen, die absichtlich zusammen vergraben wurden.
Die Gegenstände lagen in einem Keramiktopf. Der Topf war zerbrochen. Wahrscheinlich hatte er noch einen Deckel aus dem Unterteil eines anderen Topfes. Über dem Topf war eine Schicht aus Feldsteinen.
Viele kleine Gegenstände in diesem Depot stehen nicht als Scan zur Verfügung.
Wahrscheinlich lag im Depot noch eine zweite große Zierscheibe. Sie ist aber beim Bau der Wasserleitung zerstört worden.
Das Depot befand sich in rund 60 cm Tiefe vermutlich in einem bei der Auffindung zerscherbten Gefäß, das möglicherweise von dem Unterteil eines weiteren Gefäßes abgedeckt worden war. Oberhalb des Fundes konnte eine lockere Lage an Feldsteinen beobachtet werden. Werner Coblenz schließt nicht aus, dass eine zweite große Zierscheibe bei der Bergung zerstört worden ist. Der Depotfund enthält an kleineren, teilweise nicht gescannten Schmuckobjekten insgesamt 31 Spiralröllchen und acht oder neun Noppenringe. Dazu kommen noch zwei Armspiralen, die zum Scannen nicht ausreichend formstabil sind.
Scanner:
Aicon smartSCAN-HE C5 125mm | Streifenlicht | 0,06mm
Literatur
Werner Coblenz, Ein frühbronzezeitlicher Verwahrfund von Kyhna, Kr. Delitzsch. Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 30, 1986, 37–88 bes. 40.
Sabine Gerloff, Zu Fragen mittelmeerländischer Kontakte und absoluter Chronologie der Frühbronzezeit in Mittel- und Westeuropa. Prähistorische Zeitschrift 68, 1993, 58–102.
Ronald Heynowski/Florian Innerhofer, Das „Goldene“ Zeitalter. In: Sabine Wolfram (Hrsg.), In die Tiefe der Zeit. 300.000 Jahre Menschheitsgeschichte in Sachsen (Dresden 2014) 137–139.
Florian Miketta, Der Hortfund von Kyhna und frühbronzezeitliche Kulturkontakte. Berichte zur Archäologie in Rheinhessen und Umgebung 4, 2011, 85–95.
Bernhard F. Steinmann, Kyhna oder Hin und zurück – Zentraleuropa und der Mittelmeerkontakt. In: H. Meller/M. Schefzik (Hrsg.), Die Welt der Himmelsscheibe von Nebra – Neue Horizonte (Halle/Saale 2020) 174–177.
Eigentümer/Nutzungsrecht
Landesamt für Archäologie Sachsen, Ausstellung: smac | 360°
AAS:00073140
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Permalink
https://archaeo3d.de/sachsen/2021-04-12_tr_0002/
Zitat des Beitrags / Citation
Florian Innerhofer, Klinge mit geschlitztem Blatt. In: Landesamt für Archäologie Sachsen, Website archaeo | 3D (05.07.2022). https://archaeo3d.de/sachsen/2021-04-12_tr_0002/